Bei einer längeren Busfahrt kommt man seinen Mitmenschen zwangsläufig so nah, wie man es sonst freiwillig nie tun würde. Aber man trifft interessante Leute und kann tolle Spleens erleben:
Der Mann, der mir schon beim Einsteigen durch seinen penetranten Körpergeruch aufgefallen ist, sitzt hinter mir und schneuzt sich alle zwei Minuten ausgiebig die Nase. Ich habe das Gefühl, dass sich in meinem Nacken langsam ein Kräuseln breitmacht. Vor allem, weil er die Zeit zwischen den Schneuzern mit einem kräftigen Hochziehen überbrückt. Ich konzentriere mich auf das Rentnerpärchen links neben mir – beide mit einem Wohlstandsbäuchlein (dass das gleich groß ist, schiebe ich mal auf eine lange und glückliche Ehe). Sie packt den großen Jutebeutel mit Verpflegung aus und er vergreift sich spontan gleich mal an der Tafel ***-Sport und schiebt sich davon einen ganzen Riegel in die Futterluke. Sie bevorzugt hingegen die 10-er Packung Knusperschnitten, die man morgens um halb zehn in Deutschland essen sollte. Ich denke an meine Banane in der Tasche und schließe frustriert die Augen.
Doch an Schlaf nicht zu denken. Ganz hinten philosophiert eine sechsköpfige Damentruppe unentwegt und lauthals über ihre letzten Dates, gleichzeitig die Prosecco-Vorräte vernichtend. Was ist das Ergebnis? Alle zehn Minuten muss eine von ihnen aufs Klo. Hab ich schon erwähnt, dass ich den Platz an der Treppe zum Örtchen habe? Und dass ich versuche zu schlafen? Aber davon lenkt mich jetzt ein junges Pärchen schräg vor mir ab. Er belegt auf der linken Seite des Busses zwei Plätze, sie auf der rechten Seite. Über den Gang hinweg halten sie Händchen und verrenken sich die Körper beim Versuch, sich zu küssen. Mir fällt partout keine Antwort ein, warum sie getrennt sitzen. Riechen seine Füße? Ist sie vielleicht so dick und benötigt zwei Plätze? Ich weiß es nicht und kann den beiden auch nicht mehr folgen, weil mein schneuzender Hintermann mich nach einem Taschentuch fragt …